Johann Liss LISS, JOHANN
um 1597 Oldenburg - 1631 Verona

Titel: Scharrende Baue…
Beschreibung

Johann Liss

LISS, JOHANN um 1597 Oldenburg - 1631 Verona Titel: Scharrende Bauern. Datierung: Ca. 1620. Technik: Öl auf Leinwand. Passepartout: Neu unterlegt. Maße: 66,5 x 84cm. Rahmen: Gerahmt. Beglaubigung: Alberto Cottino, Turin, 21. Dezember 2020, Kopie vorhanden. Provenienz: Privatbesitz, Italien. Das vorliegende Gemälde mit seiner äußerst dynamischen Komposition und seinem starken erzählerischen Charakter befindet sich seit mehreren Jahrzehnten in einer italienischen Sammlung. Im Vordergrund ist ein Mann mit roter Mütze und gezogenem Schwert zu sehen, der von zwei anderen Männern, vermutlich Landsleuten, mühsam zurückgehalten wird, weil er sich offenbar auf den jungen Mann im Hintergrund stürzen will. Dieser wird ebenfalls von einer Frau beschwichtigt, während ein anderer, rechts, ihn anzugreifen scheint. Einige Figuren im Vordergrund links entfernen sich ängstlich; das Geschirr ist zu Boden gefallen. Es gibt zwei weitere Versionen mit diesem Thema, die beide Johann Liss zugeschrieben werden. Die eine, nach Meinung von Alberto Cottino von hervorragender Qualität, aber am rechten und unteren Rand etwas abgeschnitten, befindet sich im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg; die andere, von härterer und schematischerer Ausführung, befindet sich im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck. Laut Alberto Cottino ist das angebotene Gemälde von ähnlicher Qualität wie das Nürnberger Gemälde und von besserer Qualität als das Innsbrucker Gemälde; Außerdem weist es einige nicht unbedeutende Abweichungen auf (z. B. fehlt der Baum ganz rechts in unserer Version, der Himmelsausschnitt im Hintergrund rechts kommt im Nürnberger Gemälde nicht vor, die Tongefäße im Vordergrund, die nur in der deutschen Fassung zu sehen sind) und eine Reihe von Pentimenti, die in den Reflektogrammen zu sehen sind, insbesondere in der Schnalle der Figur hinten links, im Blattwerk der Bäume, in den Beinen und Oberschenkeln der Hauptfigur und in der Entfernung eines Steins zwischen den Füßen derselben Figur. Dies alles sind Elemente, die das hier angebotene Gemälde als eigenständige und autographe Version der deutschen Leinwand qualifizieren, die als vollständig von Liss zu beurteilen ist (das Innsbrucker Gemälde ist eindeutig eine frühe Kopie, wie auch Richard Spear 1976 meint). Das Thema scheint eine Schlägerei zwischen Kartenspielern zu sein, die sich nach einem Longdrink abspielt, wie die Krüge auf dem Boden und die umgestürzte Bank vermuten lassen. Es handelt sich um ein Thema, das in der nordischen, protestantisch geprägten Malerei von besonderer Bedeutung war, die sich häufig mit menschlichen Ausschweifungen wie Glücksspiel, Alkohol und unkontrollierten Trieben, insbesondere der unteren Schichten, und deren moralischer Verurteilung im Bild auseinandersetzte. Wie Rüdiger Klessmann im Ausstellungskatalog von 1975 andeutet, könnte die Inspiration in diesem Fall von einem Stich des deutschen Malers Hans Sebald Beham (1500-1550) aus dem Jahr 1547 stammen, der eine Bauernschlägerei darstellt, die Liss mit seinen eigenen erfundenen Details ergänzt hat. Seinem Biographen Joachim von Sandrart (1606-1688) zufolge, der ihn persönlich kannte, stammte Liss aus Oldenburg in Holstein. Seine Eltern, Johann und Anna, sind als Maler am Schleswiger Hof der Herzöge von Holstein belegt, und wahrscheinlich erhielt er dort seine frühe Ausbildung, bevor er um 1615 die für junge deutsche Künstler übliche Reise in die Niederlande antrat. Laut Sandrart hielt sich Liss zwischen 1615 und 1616 in Amsterdam auf, wo er den Stil des Malers Hendrick Goltzius (1558-1616/17) studierte und sich von ihm inspirieren ließ. Von dort aus reiste der junge Maler wahrscheinlich um 1617-18 nach Antwerpen, wo er sich mit den Werken von Rubens, Jordaens und Abraham Janssens auseinandersetzte, die einen großen Einfluss auf seine Kunst haben sollten, bevor er nach Rom und Venedig ging. Hier nahm Liss einen italianisierenden Stil an, der zunächst von Caravaggio und dann von Domenico Fetti beeinflusst wurde und sich deutlich von dem Stil unterscheidet, der in den hier analysierten Werken zum Ausdruck kommt. Liss starb in Verona während der Pest von 1630-1631. Da in dem hier untersuchten Werk keine Spur von Italianismus zu erkennen ist, nicht einmal in der Besonderheit des Sujets, das der italienischen Kultur fremd ist, muss es, entgegen der Meinung von Spear, in Holland oder Flandern entstanden und dann nach Italien gebracht worden sein (die Innsbrucker Fassung ist in der Tat in Venedig entstanden). Daraus folgt, dass es - wie das Gemälde in Nürnberg - zwischen 1616 und 1619 entstanden sein muss. Da es zudem keine konkreten Hinweise auf Rubens, Jordaens oder Janssens gibt, ist es vielleicht noch naheliegender, es auf die Jahre 1616-17, also vor der Reise nach Antwerpen, einzugrenzen. Geschätzte Transportkosten für dieses Los: Absprache nach der Auktion. Erklärungen zum Katalog Johann Liss Deutschland Italienische Schule Barock 17. Jahrhundert. Alte Meister Gerahmt Landleben Gemälde

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