CHARLES-ANTOINE COYPEL — PARIS, 1694 - 1752 Porträt eines Mannes
Öl auf Leinwand…
Beschreibung

CHARLES-ANTOINE COYPEL — PARIS, 1694 - 1752

Porträt eines Mannes Öl auf Leinwand 66 x 54 cm Das Porträt, das wir hier zeigen, ist eindeutig der französischen Schule des frühen 18. Jahrhunderts zuzuordnen und die Qualität der Malerei lässt vermuten, dass der Autor ein Mitglied der Académie royale de peinture et sculpture (Königliche Akademie für Malerei und Bildhauerei) war. Auf den ersten Blick schien nichts auf den Namen des Autors dieses Porträts hinzuweisen, doch ein diskreter Hinweis wird uns helfen, ihn zu identifizieren. Es fällt nämlich auf, dass die Augen ein stilisiertes Mandelmuster aufweisen, als ob der Maler kein gelernter Porträtmaler wäre. Die Art der Augen verleiht dem Modell ein leicht verweichlichtes Aussehen, das durch den Glanz der Hornhaut noch betont wird. Die wie künstlich retuschierten Augenbrauen im Gesicht gehen in die gleiche Richtung, da das Modell ein fast geschminktes Aussehen annimmt. Doch gerade diese theatralische Dimension verrät die Hand des berühmten Historienmalers Charles-Antoine Coypel (Paris, 1694 - id., 1752). Nach seinem Vater Antoine Coypel war das Theater die wichtigste Quelle seiner Kunst, und seine Historiengemälde hatten stets eine szenografische Dimension. Auch die Porträts von Charles-Antoine Coypel waren Teil dieser Inszenierung, wenn seine Modelle nicht selbst aus dem Theater stammten (siehe Porträt von Pierre de Jélyotte, Louvre). Ein weiteres Kennzeichen des Stils von Charles-Antoine Coypel ist die Technik, denn manche Teile wirken eher gezeichnet als gemalt. Dies zeigt sich in der Behandlung der Locken der Perücke und in der Wiedergabe des grauen Schattens am Kinn. Diese grafischen Akzente erinnern jedoch daran, dass Charles-Antoine Coypel einer der besten Pastellmaler seiner Generation war. Ein Beispiel dafür ist sein berühmtes signiertes Selbstporträt aus dem Jahr 1734 (Los Angeles, J. Paul Getty Museum). Das, was wir oben festgestellt haben - die stilisierte Behandlung der Augen, die starke Zeichnung der Augenbrauen und die ausdrucksvolle Sanftheit - taucht in vielen Gemälden von Charles-Antoine Coypel wieder auf, insbesondere im Porträt von Herrn Dupillé (Kunsthandel, Paris, 1994; Abb. 1) oder im Porträt von Philippe Coypel (Louvre; Abb. 2). Nun besteht die Schwierigkeit in der chronologischen Abweichung von unserem Gemälde. Das Porträt von M. Dupillé stammt aus dem Jahr 1733 und das Porträt von Philippe Coypel ist praktisch zur gleichen Zeit entstanden und trägt die Jahreszahl 1734. Die Art der Perücke in unserem Gemälde verrät jedoch eine Datierung nahe 1715, was fast zwanzig Jahre früher bedeuten würde. Dass das Bild bereits zu dieser Zeit entstand, würde uns nicht überraschen: Es ist bekannt, dass Charles-Antoine Coypel 1715 Akademiemitglied wurde (Jason und Medea, Schloss Potsdam) und dass sein (verlorenes) Selbstporträt so früh wie 1709 gestochen wurde. Die Datierung unseres Gemäldes in die späte Regierungszeit Ludwigs XIV. würde auch einige Anklänge an die Kunst von Antoine Coypel erklären. Man denke nur an das Selbstporträt von Antoine Coypel mit seinem Sohn Charles-Antoine aus dem Jahr 1698 (Musée d'art et d'archéologie de Besançon; Abb. 3). Der Künstler soll das Verfahren des geneigten Kopfes und vor allem des leutseligen Gesichtsausdrucks des Modells wiederverwendet haben. Das 1698 gemalte Selbstporträt zeigt übrigens das Atelier des Malers, und es ist möglich, dass der räumliche Rahmen unseres Gemäldes ursprünglich größer war. Dafür würde die ornamentale Quaste sprechen, die rechts im Hintergrund zu erkennen ist, was zur Idee der Inszenierung beigetragen hätte, die dem Künstler am Herzen lag. Wir danken François Marandet für seine Hilfe bei der Zuordnung und Abfassung dieser Notiz.

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CHARLES-ANTOINE COYPEL — PARIS, 1694 - 1752

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