Wilhelm Morgner 
Wilhelm Morgner, Kreuzigung.





Öl auf Leinwand. (19)12. Ca. …
Beschreibung

Wilhelm Morgner

Wilhelm Morgner, Kreuzigung. Öl auf Leinwand. (19)12. Ca. 130 x 105 cm. Monogrammiert mit Ligatur „WM“ und datiert unten rechts. Verso auf der hellgrau grundierten Leinwand von fremder Hand datiert, betitelt und bezeichnet. Fest im Schattenfugenrahmen montiert. Zur Katalogisierung nicht ausgerahmt. Wilhelm Morgner wächst in gutbürgerlichen Verhältnissen im westfälischen Soest auf. Der Vater, ein ehemaliger Militärmusiker, stirbt früh, die Mutter hätte ihren Sohn gerne als Pfarrer gesehen. Doch Morgner hat andere Pläne: Ermutigt durch die Fürsprache Otto Modersohns, ebenfalls gebürtiger Soester und Mitbegründer der Malerkolonie Worpswede, tritt er 1908 in die private Kunstschule Georg Tapperts in Worpswede ein. Dieser bleibt bis zu Morgners Tod sein künstlerischer Berater und Freund. Bereits 1909 kehrt Morgner in seine Heimatstadt Soest zurück, wo er sich in der Stadt und der Umgebung Ateliers einrichtet und noch im selben Jahr das erste Mal seine Werke ausstellen kann. Ab 1911 reist er häufiger nach Berlin und findet dort Anschluss an die Kreise der modernen Künstler, darunter Arnold Topp und Wilhelm Wulff. Hier kommt er außerdem in Kontakt mit dem Pointillismus und lernt Werke van Goghs und des frühen Expressionismus kennen. All diese neuen Stile nehmen starken Einfluss auf sein Schaffen - er verarbeitet die gewonnenen Erkenntnisse in seinen Werken, welche sich ab 1912 zunehmend von der gegenständlichen Darstellung lösen und mit der Wirkung der reinen Farbe auseinandersetzen. Infolge seines wachsenden Renommees kann Morgner seine Arbeiten in wichtigen Ausstellungen zeigen. Von 1911 an, mit 20 Jahren, beteiligt sich der junge Künstler an Ausstellungen der Neuen Sezession in Berlin, des Blauen Reiters in München und des Sonderbundes in Köln. In seiner Heimatstadt Soest sieht sich Morgner dagegen mit rückständigen Kunstauffassungen und negativen Kritiken konfrontiert. In seiner Beschäftigung mit christlichen Motiven sieht man heute einen Reflex auf seine eigene Außenseiterrolle in seiner Heimat. „Ich selbst bin der Gekreuzigte“, schreibt er in einem Brief am 19. Januar 1913. Die ungewöhnlichen, sehr modernen Bildauffassungen Morgners können auch noch in heutiger Zeit irritierend wirken. Eine Kreuzigungsszene, deren emotionaler Charakter in der Kunst nicht selten überbetont wird, ist hier allen frommen Dekors entkleidet, um zur reinen Schaustellung zu werden. Die drei Gekreuzigten sind ohne Binnenzeichnung dargestellt, jegliche individuelle Merkmale fehlen ihnen - sie erinnern an die chiffrenhaften Figuren von Keith Haring. Gelb leuchtet in der Mitte der Körper des gekreuzigten Christus, grün die der beiden mitgekreuzigten Schächer rechts und links von ihm. Morgner konfrontiert den Betrachter ganz direkt mit der Kreuzigungsszene, ohne Zuhilfenahme bildmäßiger Details, die ihm den Zugang erleichtern würden. Die gleiche Radikalität, mit der der Maler die Szene schildert, soll sich auch in den Köpfen der Betrachter abspielen. Nur fünf Jahre nach der Entstehung dieses Gemäldes, während des Sturms auf Langemark in Flandern, fällt Wilhelm Morgner am 16. August 1917 mit gerade einmal 26 Jahren. Er gilt zunächst als vermisst. Später entdeckt man in seinem Gepäck sein letztes Werk: die Radierung „Große Kreuzigung“, die er in das Blech einer Brotdose eingeritzt hatte. Das Thema der Kreuzigung hat ihn bis zuletzt beschäftigt. Das Werk ist im Wilhelm-Morgner-Archiv, Soest, unter der Nummer G 301 registriert. Provenienz: Nachlass des Künstlers; Claus Korff-Morgner, Soest; Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen; Andreas Sturies, Düsseldorf 16.11.2002, Los 153; Ketterer, München 4.6.2008, Los 123; Privatsammlung, Europa. Literatur: Wilhelm Morgner. Biblische Themen, Museum Abtei Liesborn, 1985, S. 57, mit Abb. Taxation: differenzbesteuert (VAT: Margin Scheme)

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