Thomas Demand Thomas Demand

Fotoecke/Photobooth
2009

C-Print auf Aludibond unt…
Beschreibung

Thomas Demand

Thomas Demand Fotoecke/Photobooth 2009 C-Print auf Aludibond unter Plexiglas (Diasec). 179,5 x 197,7 cm. Rückseitig mit Galerieetikett, dort mit maschinenschriftlichen Werkangaben. Exemplar 5/6 (+ 2 A.P.). Literatur Udo Kittelmann (Hg.), Thomas Demand. Nationalgalerie, Ausst.kat. Neue Nationalgalerie, Göttingen 2009, o.S. mit Abb.; Hans Ulrich Obrist (Hg.), Thomas Demand und die Nationalgalerie. Gespräch über die Ausstellung mit Hans Ulrich Obrist, Köln 2009, S. 103 mit Abb.; Thomas Demand, Ausst.kat. PKM Trinity Gallery, Seoul, New York 2011, o.S. mit Abb.; Christy Lange (Hg.), Thomas Demand. The Complete Papers, London 2018, S. 279, 297 mit Abbn.; Douglas Fogle (Hg.), Thomas Demand. The Stutter of History, Ausst.kat. UCCA Edge Shanghai u.a., London 2022, S. 71 mit Abb. Ein perfekt ausgeleuchteter Raum mit einer verhängten Kamera, einem einfachen Stuhl vor weißer Wand, dahinter ein Vorhang: Thomas Demands Photographien bilden Architekturen ab, die realen Bilderwelten entlehnt sind und sich auf politische und gesellschaftliche Ereignisse beziehen, die der Künstler als relevant erachtet. Demand baut seine Räume als raumgreifende Skulpturen aus Papier und Pappe nach und photographiert sie im Anschluss mittels Großbildkamera. Er überträgt das ephemäre, dreidimensionale Gebilde in die Zweidimensionalität und sichert es so visuell, bevor er es zerstört. Seine Anregungen bezieht Demand aus verschiedenen Quellen der Medienlandschaft. In diesem konkreten Fall war es eine Abbildung in einem Artikel des Wochenmagazins „Der Spiegel“ (vgl. Der Spiegel, 20/1999, S. 42-44) über zurückliegende Vorgänge in einem DDR-Gefängnis, die ihn zu der künstlerischen Auseinandersetzung veranlasste: “Eines der Motive, die ich so fand, oder sagen wir wiederfand, war die Geschichte von der Fotostelle im politischen Gefängnis in Gera, in dem die Insassen - alles Politisch-Inhaftierte - regelmäßig fotografiert worden sind, nichts Außergewöhnliches im Gefängnisalltag. Jahre, nachdem das Gefängnis aufgelöst worden war, fiel auf, dass ein auffällig großer Teil der Porträtierten an Blutkrebs erkrankte. Bei der nachträglichen Untersuchung dessen, was da passiert sein könnte, stellte sich heraus, dass die Fotostelle aus einem ganz normalen Fotoapparat, einem Stuhl, einem Blitzlicht und einer weißen Wand dahinter bestand. Aber hinter der weißen Wand war ein Vorhang. Und hinter dem Vorhang befand sich noch ein fotografischer Apparat, ein Röntgenapparat, der wiederum ohne die Optik benutzt worden ist, das heißt, er hat wahrscheinlich ungehindert Strahlung auf die Insassen abgegeben. Das alles ist aber nie nachgewiesen worden, keiner weiß es genau. Es gibt die Überlebenden des Gefängnisses, die auch Beweise sammeln, aber es ist nie gerichtlich verfolgt worden, denn natürlich hat auch der Nachfolge-Staat kein Interesse daran, diesen Sachverhalt aufzuklären, weil dies bedeuten würde, dass die Betroffenen lebenslange Rente bezahlt bekommen müssen.“ (Thomas Demand, in: Thomas Demand und die Nationalgalerie. Gespräch über die Ausstellung mit Hans Ulrich Obrist, Berlin 2009, Köln 2009, S. 45) Demands vermeintliche "Tatort"-Photographie erscheint dem Betrachter zwar bekannt, doch bleibt sie für ihn durch die Eliminierung von Details ungreifbar und rätselhaft. Erst die Kenntnis der „Geschichte hinter dem Bild“ hilft dem Betrachter bei der Entschlüsselung der jeweiligen Bildbedeutung. Der Künstler offenbart seine Geschichten zwar (so wie hier in einem Interview), liefert sie aber nicht automatisch mit, etwa in Form einer Bildunterschrift oder eines erläuternden Werktitels. Weder das konkrete historische Ereignis noch der Wahrheitsgehalt der Pressephotographien, die er verarbeitet, stehen für Demand im Vordergrund. Sie sind für ihn ideengebende Auslöser und künstlerischer Bestandteil seiner Werke, welche dadurch zu Zeugnissen seiner eigenen rekonstruktiven Beschäftigung mit bekannten und allgemein verfügbaren Vorlagen werden. Demand ist kein politischer Künstler im engeren Sinne, wohl aber aufmerksamer Zeitgenosse. Fotoecke/Photobooth gehört zu jenen rund 40 Arbeiten, die Thomas Demand für seine große Ausstellung „Nationalgalerie“ in Berlin auswählte. Die hier versammelten Arbeiten weisen allesamt einen Bezug zu bedeutsamen gesellschaftlichen und geschichtlichen Ereignissen in Deutschland nach 1945 auf. Es sind Bilder, die im kollektiven (deutschen) Bildgedächtnis verankert sind. Neben der geschilderten gesellschaftspolitischen Dimension kommen bei Demand aber immer auch noch formale Aspekte bei der Auswahl seiner Vorlagen und deren Umsetzung in Papierform und Photographie zum Tragen. In diesem Fall hat Demand versucht, die für Interieurs der ehemaligen DDR in den achtziger Jahren typische Farbpalette genau wiederzugeben. Ein Detail, das ihn bei der Entdeckung der Vorlage besonders faszinierte und das er in dem daraus entstandenen Werk modifiziert verarbeitet, ist der Vorhang mit seinem auffälligen floralen Muster, der in Demands eigener Version fast di

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