Ernst Ludwig Kirchner Ernst Ludwig Kirchner

Zwei Frauen
1912

Pastell und Kohle…
Beschreibung

Ernst Ludwig Kirchner

Ernst Ludwig Kirchner Zwei Frauen 1912 Pastell und Kohle auf bräunlichem Papier. 43,5 x 33,5 cm. Unter Glas gerahmt. Unten links mit Bleistift signiert und datiert 'E L Kirchner 12'. Rückseitig datiert, betitelt und bezeichnet "Zwei Frauen 1912 Pastell". - Rückseitig mit der Bleistiftskizze eines Männerkopfes. - In guter Erhaltung. Provenienz Sammlung Max Sauerlandt, Hamburg; Grisebach Berlin, Auktion 24, 29. Mai 1992, Lot 23; Lempertz Köln, Auktion 746, 7. Juni 1997, Lot 1280; Privatsammlung Nordrhein-Westfalen Literatur Gerd Presler, Ernst Ludwig Kirchner: Seine Frauen, seine Modelle, seine Bilder, München/New York 1998, S. 73 f. mit Farbabb.; Magdalena M. Moeller, Von Dresden nach Davos. Ernst Ludwig Kirchner. Zeichnungen, München 2004, S. 123, mit Abb. 36 Mit „Zwei Frauen“ kann eine bedeutende Porträtdarstellung aus einer der interessantesten Schaffensphasen Ernst Ludwig Kirchners angeboten werden. Die in entschieden gesetzten Strichlagen weit ausgearbeitete Pastellzeichnung entstand 1912, einer Umbruchsituation im Leben und Werk Kirchners. 1911 war er aus Dresden in die pulsierende Metropole Berlin umgesiedelt und hatte eine Atelierwohnung in einem Haus bezogen, in dem auch Max Pechstein wohnte. Das Leben in der Großstadt, das von Geschwindigkeit, Anonymität und einem ausschweifenden Nachtleben geprägt war, nahm großen Einfluss auf Kirchners künstlerischen Ausdruck; in einer persönlichen, empfindungsreichen Bildsprache fing er die neuen Eindrücke ein. Die beiden Dargestellten sind Gerda und Erna Schilling, zwei Schwestern, die der Künstler kurz nach seinem Umzug kennengelernt hatte. Sie beeinflussten sein Privatleben nachhaltig - zunächst war er kurzzeitig mit Gerda liiert, zu einer dauerhaften Lebensgefährtin aber wurde Erna, die bis zu seinem Tod 1938 an seiner Seite blieb. Vor allem wurden sie jedoch seine wichtigsten Modelle und bewirkten eine maßgebliche Veränderung des Frauentypus‘ seiner Darstellungen. Von den gerundeten Linien der Dresdner Zeit kam Kirchner nun zu schlanken, gestreckten Formen, die den eleganten, selbstständigen Typ der modernen Großstädterin repräsentierten. „Die schönen architektonisch aufgebauten, strengförmigen Körper dieser beiden Mädchen lösten die weichen sächsischen Körper ab. In Tausenden von Zeichnungen, Graphiken und Bildern formten diese Körper mein Schönheitsempfinden zur Gestaltung der körperlich schönen Frau unserer Zeit“, schrieb Kirchner selbst im Rückblick (zit. nach: Magdalene Schlösser, Erna und Gerda Schilling, in: Ernst Ludwig Kirchner in Berlin, Ausst. Kat. Brücke Museum Berlin 2008/09, S. 74). Das neue Schönheitsideal mündete schließlich in den Kokotten seiner berühmten Berliner Straßenszenen von 1913/14. Hier manifestiert es sich in den scharfkantigen Profillinien, den überlängten Hälsen und schmalen Taillen der Frauen, hervorgehoben noch durch die schmeichelnden Linien ihrer eleganten Garderobe. Auffallend ist die Frische und Unmittelbarkeit der Zeichnung, die die Schwestern, links Gerda, rechts Erna, in vertrauter Zwiesprache zeigt. Kirchner nahm die Komposition zum Vorbild für das 1913 ausgeführte Gemälde „Zwei Frauen mit Waschbecken“ (Gordon 295, Städel Museum Frankfurt), welches jedoch statischer aufgebaut ist und die Frauen in einer distanzierenden Weise hintereinander platziert. Nicht nur die außerordentliche Qualität, auch die Provenienz der Zeichnung ist bemerkenswert, sie entstammt der bedeutenden privaten Sammlung von Max Sauerlandt (1880 – 1934), Kunsthistoriker und Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg (s. Vergleichsabb.).

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